Am 21. Mai 1930 ankerte der LZ 127 "Graf Zeppelin" auf seiner ersten Reise nach Südamerika in der Stadt Recife. Damit war der Startschuss für den Aufbau einer regelmäßigen Linienverbindung gegeben. Anfang der 1930er Jahre konnten die schnelleren Flugzeuge noch keine langen Strecken mit Passagieren oder Fracht bedienen, da ihre Reichweite nicht ausreichte. Seeschiffe waren deutlich langsamer als Luftschiffe. Eine Verbindung mit Argentinien kam nicht zustande, weil die Regierung die hohen Ausgaben für eine Luftschiffhalle scheute. Aus demselben Grund zögerte auch Brasilien. Schließlich gelang es jedoch, die Stadt Recife an der Nordostküste Brasiliens für den Bau eines Landeplatzes mit Ankermast zu gewinnen.
Die Reise mit dem Zeppelin nach Südamerika führte von 1931 bis 1935 nur bis nach Recife. Reisende, die weiter wollten, mussten mit dem Flugzeug der Fluggesellschaft "Sindicato Condor" nach Rio weiterfliegen.
Die Beliebtheit von Zeppelinreisen nach Brasilien nahm zu, und die Zahl der Südamerika-Fahrten stieg jährlich. Mit der Inbetriebnahme der LZ 129 "Hindenburg" als zweitem Luftschiff konnte von März bis November ein 14-tägiger Fahrdienst nach Recife eingerichtet werden.
Später entstand ein provisorischer Ankermast in Santa Cruz, etwa 60 Kilometer von Rio entfernt. Erst am 26. Dezember 1936, sechs Jahre nach der ersten Ankunft in Recife, wurde die moderne Luftschiffhalle in Rio de Janeiro eingeweiht.
Die "Graf Zeppelin" war gerade auf dem Rückflug von Recife nach Frierdichshafen als der Funkspruch vom Unfall der "Hindenburg" am 6. Mai 1937 in Lakehurst, USA eintraf. Ein Passagierverkehr war
nach der tragödie nicht mehr tragbar.
Heute erinnert der letzte Ankermast für Luftschiffe im Stadtteil Jiquiá in der Stadt Recife an die Atlantik-Überfahrten. Es war die erste Luftfahrtstation für Zeppeline in Südamerika und ist das
einzige noch vollständig erhaltene Objekt seiner Art auf der Welt.
Der Turm wurde 2013 vom Restaurator Jobson Figueiredo restauriert und kann von der Öffentlichkeit in Recife besichtigt werden.
1972 titelte die brasilianische Illustrierte "Manchete":
Das Zeppelin-Gas hat die brasilianischen Wälder gerettet
Wie Zeppelin-Gas die Abholzung brasilianischer Wälder verhinderte und das
Verbraucherverhalten von Millionen von Brasilianern änderte.
In den 1930er Jahren lebten rund 40 Millionen Menschen in Brasilien. Sie nutzten hauptsächlich Holz und Holzkohle zum Kochen. Gasleitungen gab es lediglich in den Innenstädten von Recife, Rio de
Janeiro und São Paulo.
Mit dem Bevölkerungswachstum nahm die Abholzung der Wälder zur Holzkohleproduktion enorme Ausmaße an. Ernsto Igel erwarb die Gasvorräte der Zeppelin-Reederei und begann, Gas in Flaschen an
Menschen außerhalb dieser Innenstädte zu verkaufen.
Das Buch zum 50-jährigen Jubiläum von Ultragaz zeigt den Zeppelin in Jiquiá, Recife. Zu dieser Zeit war Ernesto Igels Firma Ultragaz das weltweit größte Unternehmen für Gas in Flaschen.
Wer war dieser Ernst Igel?
Am 22. August 1920 reiste Ernst Igel aus Wien nach Brasilien. Eine österreichische Firma für Export und Import hatte ihn beauftragt, sich um eine Klavierlieferung zu kümmern.
Igel blieb in Brasilien und gründete bald seine eigene Import-Export-Firma. Diese spezialisierte sich auf den Import von gasbetriebenen Bad- und Küchenartikeln aus Deutschland. Ernesto Igel
konzentrierte sich besonders auf Gas-Backöfen und Gas-Herde.
Für seine Geschäftspost und eigenen Reisen nutzte Ernesto Igel gerne das Luftschiff. Dieses war damals das schnellste Verkehrsmittel zwischen Brasilien und Deutschland.
Die "Graf Zeppelin LZ 127 " benötigte für die transatlantische Fahrt 360 Flaschen Propan Gas. Diese kamen per Dampfer aus Deutschland zu den Luftschiffhäfen in Brasilien. Da Transport und
Bürokratie viel Zeit kosteten, lagerten dort stets grosse reserven an Gasflaschen.
Nach dem Unglück 1937 in Lakehurst, USA, wurde der Luftschiffverkehr nach Südamerika eingestellt. Die letzte transatlantische Fahrt eines Zeppelins war die des "Graf Zeppelin" von Recife nach
Friedrichshafen. Die Gasvorräte in Recife und Rio de Janeiro wurden überflüssig. Ernesto Igel sah die Chance für ein neues Geschäftsfeld. Er wandte sich über die Firma Syndicato Condor LTDA an
die Zeppelin-Reederei, um die Vorräte zu erwerben.
Das Geschäft kam zustande. Ernesto Igel gründete mit mehreren Mitaktionären 1938 die ULTARGAZ Aktiengesellschaft zur Lieferung von Gasflaschen an Haushalte. Während der Übergangszeit durfte das
Gas weiterhin in Santa Cruz gelagert werden.
Nach und nach stellten immer mehr Haushalte, auch außerhalb der großen Zentren, von Holz und Holzkohle auf das Kochen mit Gas um. Die zuverlässige Gasflaschenversorgung reichte bis in die
entlegensten Gebiete. Oft verwendeten die Händler Ochsenkarren, die sich besonders auf schwierigen Feldwegen bewährten.
Und noch heute kochen über 90 % aller Haushalte in Brasilien mit Gas.
Quelle: Der ganze Originalbrief ist im Blog vom Zeppelin Museum nachzulesen: https://blog.zeppelin-museum.de/
Meine Reise im Zeppelin von Pernambuco nach Friedrichshafen. Ich will recht ausführlich sein, denn schliesslich bin ich erst der 198. Mensch, der als Passagier in einem Luftfahrtzeug über den Ozean befördert wurde. Ich kam am 20. Oktober aus Rio in Recife an, am gleichen Tage, an dem der Zeppelin abends um 19 Uhr von Europa auf die Minute pünktlich eintraf. Es war ein wunderbarer Anblick, das grosse Luftschiff langsam über das Wasser ankommen zu sehen. Über der Stadt stellte es die Motoren ab und liess die Scheinwerfer spielen. Ruhig, majestätisch und hell erleuchtet lag der Koloss zum Greifen nahe in der Luft, ein Anblick, bei dem man bald verrückt wird vor Begeisterung. Der Jubel der Bevölkerung war ungeheuer, trotzdem der Zeppelin in Recife nun fast schon zum Alltäglichen gehört. Man ist dort ausserordentlich stolz auf das Schiff und unterstützt die Bestrebungen, soviel man nur kann. …
Passagiere genießen ihr Essen an Bord des "Graf Zeppelin LZ 127" während des Flugs von Frankfurt nach Recife.
Im Jahr 1931 schwebte der "Graf Zeppelin LZ 127" über der Rua da Aurora, zum Landeplatz Jiquiá in Recife.
Die Funkkabine im Luftschiff. Wetterberichte über dem Atlantik sind entscheidend für eine sichere Navigation.
Ferdinand Graf von Zeppelin erhielt den Spitznamen "Narr vom Bodensee". Seine Vision veränderte die Luftfahrt.